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Von 220 auf 100 Kilo: eine Reise in ein neues Leben

Von 220 auf 100 Kilo: eine Reise in ein neues Leben

Der Bayerische Rundfunk (BR) begleitet Sonja Bauers Kampf gegen das Übergewicht in mehreren Folgen

Die Menschen in den westlichen Industrieländern werden seit Jahren immer dicker. In Deutschland ist inzwischen jeder Zweite übergewichtig, mehr als jeder Fünfte adipös. Adipositas meint eine Vermehrung von Körperfett, die das Normalmaß deutlich übersteigt. Immer mehr Männer und Frauen leiden unter diesem behandlungsbedürftigen Übergewicht. So auch Sonja Bauer aus Haßfurt. Vergangenes Jahr brachte sie noch 224 Kilo auf die Waage. Im Adipositaszentrum des Universitätsklinikums Erlangen hat sie eine letzte Chance ihr Leben zu verändern. Der BR begleitet Sonja Bauer seit Anfang 2018 bei der anstrengenden und emotionalen Reise mit vielen Tiefschlägen bis hin zu den ersten fast selbständigen Schritten im Kampf gegen die Kilos.

Krankhaftes Übergewicht wurde für Sonja Bauer aus Haßfurt buchstäblich zu einem schwerwiegenden Problem. Bezeichnenderweise kam sie schon mit Übergewicht zur Welt - mit 5,5 Kilo, vier Wochen zu spät. "Ich war schon immer dick", sagt sie. "Meine Eltern waren dick, meine Großeltern auch. Meine Oma hat immer gesagt, Kinder müssten einfach füllig sein. Als Betthupferl gab es dann noch ein Würstchen." Das Übergewicht wurde Sonja Bauer durch ihre Gene und ihre Erziehung mitgegeben. Dass es sie krank machen würde, hat sie nicht kommen sehen. Bereits mit zehn Jahren bekam Sonja Bauer Diabetes mellitus Typ 1 und wog bald über 150 Kilo. 2017 brachte sie mit 47 Jahren 224 Kilo auf die Waage.

Die Liste der Folge- und Begleiterkrankungen ist lang: Unterleibskrebs, Herzinsuffizienz, schwere Lymphödeme in den Beinen (Elephantiasis) und Atemaussetzer während des Schlafens sind nur einige davon. Drei Jahre hat Sonja Bauer ihre Wohnung nicht mehr verlassen - das Übergewicht wurde zur Qual. Als ihre Hausärztin sagte, dass nun mit Bewegung und einer Diät keine nennenswerte Besserung mehr erzielt werden könne, entschied Sonja Bauer, sich als letzte Hoffnung von den Experten des Adipositaszentrums am Uni-Klinikum Erlangen behandeln zu lassen.

"Die gesamte Behandlung wird ein bis zwei Jahre in Anspruch nehmen und stufenweise erfolgen. Am Ende soll die Patientin deutlich unter 100 Kilo wiegen", erklärt Moustafa Elshafei, verantwortlicher Arzt für die Adipositaschirurgie am Uni-Klinikum Erlangen. Sonja Bauer benötigt dabei die Hilfe vieler verschiedener medizinischer Disziplinen. Im Adipositaszentrum wird sie deshalb von Allgemein- und Viszeralchirurgen, Ernährungsmedizinern, Internisten, Endokrinologen, Plastischen Chirurgen, Gynäkologen, Dermatologen, Fachärzten für Psychosomatik und Psychotherapie sowie von Psychotherapeuten betreut.

Der Kampf beginnt

Zunächst wird Sonja Bauer in der Medizinischen Klinik 1 - Gastroenterologie, Pneumologie und Endokrinologie (Direktor: Prof. Dr. Markus F. Neurath) stationär aufgenommen. Sie muss nun unter Überwachung eine strenge Diät einhalten und darf nicht mehr als 800 Kalorien pro Tag zu sich nehmen. Im Uni-Klinikum macht sie auch wieder den ersten Sport nach sehr vielen Jahren - zunächst ein paar kleine Übungen täglich.

 "Wir stellen die Patientin auf eine energiereduzierte und eiweißreiche Ernährung um. Mit Medikamenten erreichen wir, dass sich ihr Appetit verringert und sich der Magen langsamer entleert. Dieses Ernährungsprogramm kombinieren wir - so weit wie möglich - mit einer Trainingstherapie: Ganzkörper-EMS-Training (Elektromuskel-stimulation) zum Beispiel, das die Muskulatur effektiv mit Stromimpulsen trainiert, ist auch bei sehr adipösen Menschen wie Frau Bauer möglich. Zu einem späteren Zeitpunkt verspricht dann hochintensives Intervalltraining (HIIT), bei dem sich kurze intensive Belastungsphasen mit Erholungsphasen abwechseln, gute Erfolge", führt Ernährungsmedizinerin, Leiterin des Hector-Centers für Ernährung, Bewegung und Sport und Sprecherin des Adipositaszentrums Prof. Dr. Yurdagül Zopf, aus. Denn ein starkes Abnehmen ist eine wichtige Voraussetzung, dass der Körper von Frau Bauer die OP zur Magenverkleinerung übersteht.

Die Erlanger Chirurgen wollen bei der Patientin einen Schlauchmagen anlegen, das heißt, den Magen um ca. 90 Prozent verkleinern. "Dadurch hat die Patientin weniger Hunger, sie isst weniger und verliert schnell an Gewicht. Begleiterkrankungen können sich wieder zurückbilden", sagt Prof. Dr. Robert Grützmann, Direktor der Chirurgischen Klinik.

Es ist ein langer Weg

Im Uni-Klinikum wird die Haßfurterin von einem Team begleitet und in schwierigen Phasen unterstützt und aufgebaut. "Wir sind da, um ihr zu sagen: Das schaffen wir jetzt gemeinsam", betont Prof. Dr. Yurdagül Zopf. Doch muss sich Sonja Bauer auch auf die Zeit nach ihrem Aufenthalt vorbereiten.  "Zum Beispiel Stress bei der Arbeit hat dazu geführt, dass sie nach Essen gegriffen hat. Nach der OP, auch wenn der Magen kleiner ist, muss sie dennoch mit ihren Gefühlen umgehen können."

Es liegt ein langer Weg vor Sonja Bauer in eine bessere Zukunft, auf dem sie der BR seit Anfang 2018 begleitet. Fünf Folgen wurden bereits ausgestrahlt und sind in der Mediathek des BR zu sehen.

Weitere Informationen:

Moustafa Elshafei
Telefon: 09131 85-40906
E-Mail: moustafa.elshafei(at)uk-erlangen.de